Rede des 1. Vorsitzenden anlässlich des Sommerfestes

Liebe Mitglieder des RV Hellas,
liebe Gäste
sehr geehrte Damen und Herren,

im Namen des Vorstandes des RV Hellas begrüße ich Sie und euch alle auf das herzlichste zu unserem diesjährigen Sommerfest, dem ersten in unserem neuen Zuhause.

Ganz besonders möchte ich alle Gäste und Freunde begrüßen, die – obwohl es an diesem Wochenende sicher auch andere Verpflichtungen gibt – unserer Einladung gefolgt sind.

Wir freuen uns auch ganz besonders, dass Herr Ulrich Lemke und Herr Thomas Knappheide wieder bei uns sind. Ohne deren persönlichen, weit über ihre berufliche Aufgabenbeschreibung hinausreichendes Engagement, würde unser Bootshaus und unser Gelände nicht so schön und gut sein, wie es jetzt ist.

Gründe für unser Sommerfest gibt es viele.
Aber in diesem Jahr haben wir auch zwei ganz besondere Anlässe, welche wir in das Zentrum dieses offiziellen Teils stellen wollen.
Zum einen können wir zwei tolle neue Boote taufen; Allein das ist schon Anlass genug für ein großes Fest. Wir wollen heute aber auch als erstes ein ganz besonderes Jubiläum feiern und ehren.

Beim Fußball spricht man von einer Ära, wenn ein Trainer nach vielleicht drei Jahren einen Verein verlässt. Bei fünf Jahren ist es dann Manchmal schon eine Epoche. Wie soll man es dann bezeichnen, wenn ein Trainer 50 Jahre – 50! JAHRE – die sportlichen Geschicke eines Vereins lenkt? Und das

• Mit beispiellosen Einsatz
• Mit herausragenden sportlichen Erfolgen über die Jahrzehnte verteilt
• Und vollständig ehrenamtlich, oder wie er selbst es gerne ausdrückt „für Gottes Lohn“.

Es ist kein Geheimnis, dass ich von Walter Scheller spreche, dessen 50jähriges Trainerjubiläum beim RV Hellas in dieses Jahr fällt, in das Jahr, in dem er auch im April seinen 80ten Geburtstag feiern durfte.

Dass es eine so lange Zeit werden würde, das hat er sich sicher nicht vorstellen können, als Alfred Seeger ihn fragte, ob er nicht Trainer in dem von ihm geführten Verein werden wolle.

Selbst als außerordentlich erfolgreicher Ruderer nach den Gewinn der ersten drei seiner vier Deutschen Meisterschaften aus Stuttgart heimgekehrt, begann er 1965 sein Amt im Verein. Bereits im ersten Jahr konnte mit nur wenigen Jugendlichen und Aktiven mit ersten beachtlichen Erfolgen Aufmerksamkeit erregen. So sprach es sich in Offenbach und Frankfurt schnell herum, dass man beim RV Hellas erfolgreich rudern kann. Die Siegeserie der jungen Ruderer des Vereins setzte sich auch 1966 unter seiner Leitung fort und parallel dazu errang er seine persönliche vierte Deutsche Meisterschaft.

Der Erfolg des RV Hellas etabliert sich zur festen Größe und in den Jahren 1967 bis 1971 wurde der für Offenbach damals so wichtige Stadtachter durch unseren Verein gewonnen. Alle 5 Rennen mit Walter Scheller als Ruderer.Gleichzeitig fielen in diese Zeit die ersten internationalen Erfolge durch Falk Schulze und Erwin Haas. Bemerkenswert ist auch, dass 1971 der 500. Sieg für den RV Hellas gefeiert werden konnte.

1972 wurde auf maßgebliche Initiative von Alfred Seeger aus den Vereinen Hellas, Wiking und ORV die Interessengemeinschaft Offenbacher Rudervereine – kurz IGOR – gegründet, deren Cheftrainer Walter Scheller wurde. Im gleichen Jahr schaffte der von ihm betreute Zweier mit Erwin Haas und Lutz Ulbricht die Olympiaqualifikation für München, wo sie nach denkbar unglücklich verpasstem Finaleinzug den 7. Platz belegten.
Dies war der Startschuss zu einer außergewöhnlich erfolgreichen Trainerlaufbahn auf allerhöchstem Niveau. Die Highlights der Trainerlaufbahn von Walter Scheller und der von ihm betreuten Ruderer sind identisch mit der Aufzählung der größten Erfolge unseres Vereins, so wie sie am Rand unseres Briefbogens aufgezählt sind. Alle im Detail aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb hier die Aufzählung (nach sportlichem Rang):

Teilnahme an zwei Olympischen Spielen: München 1972 (wie erwähnt) und Seoul 1988 (Oliver Grüner)

Bronzemedaille bei den Good-Will-Games USA, 1990 im Doppelzweier (Grüner)

Teilnahme an vier Weltmeisterschaften
Neuseeland 1978 (Elivra Kratz)
Slowenien 1989 (Oliver Grüner)
Australien 1990 (Oliver Grüner)
Österreich 1991 Bronzemedaille im Doppelzweier Grüner/Steiner

2 Siege bei den U23 Weltmeisterschaften

Teilnahme an 2 Junioren-Weltmeisterschaften – 2 Medaillen

10 Deutsche Meisterschafte.
Hiervon sollte die erste herausgehoben werden durch Astrid Koch im Doppelzweier 1986 in Duisburg. Denn dies war für den viermaligen Deutschen Meister als aktiver Ruderer die erste Deutsche Meisterschaft als Trainer und sie hat für ich auch heute noch ein besonderes Gewicht.

Die letzte Deutsche Meisterschaft im Übrigen datiert nicht lange zurück: vor zwei Jahren konnten Elisabeth Ursprung und Robina Wagner ebenfalls im Doppelzweier siegen und damit die 10. Meisterschaft einfahren.

Die Liste setzt sich fort mit drei Siegen bei den Deutschen U23-Meisterschaften, Zahlreichen weiteren Medaillen bei Deutschen Meisterschaften von den Junioren bis zur Elite und 441 Hessische Meisterschaftsmedalien.

Diese Erfolge brachten dem Inhaber des Trainer A-Scheins als Anerkennung für die Leistungen die höchste Trainerauszeichnung des DRV ein. Zu Recht. Sicher kann man sagen, dass es im Rudersport wenige gibt, die wie er ein Auge dafür haben, was im so hochsensiblen Ruderboot funktioniert und was nicht. Wer mit wem und auf welchen Platz die meisten Erfolgsaussichten hat. Wahrscheinlich ist das eine natürliche Begabung, sicher aber etwas, wofür man lange (Jahrzehnte lange) Erfahrung benötigt.

Wir sollten aber nicht nur bei den ganz großen Erfolgen leiben.

Denn neben diesen großen sportlichen Erfolgen bei Olympia, WM und anderen großen Meisterschaften, war Walter Scheller aber auch immer der kleine sportliche Erfolg wichtig. Nicht jeder kann Olympiasieger oder Weltmeister werden. Die meisten können noch nicht einmal zu diesen großen Regatten fahren. Aber dennoch lebt unser Sport und lebt unser Verein davon, dass möglichst viele rudern und trainieren, unseren schönen Sport ausüben. Und wer trainiert, der möchte auch Rennen fahren und gewinnen. Und wen es nicht Olympia, WM oder DM, dann deine der größeren oder kleineren Regatten in der Nähe oder im weiteren Umkreis, von denen es leider immer weniger gibt. Stets waren und sind die Bootshänger des RV Hellas vollbeladen und stets stellte unser Verein einen ordentlichen Anteil des Regattageschehens. Ein typisches Bild von Walter Scheller am Ende so einer Regatta ist, wenn er beim durchblättern der handschriftlich im Regattaprogramm eingetragenen Ergebnisse zufrieden feststellen konnte: Jeder hat mindestens einmal gewonnen. Denn in der persönlichen Wertung zahlt der erste Sieg im Junior BIII Einer genauso viel wie der Elitesieg.

So erklärt sich auch, warum wir so stolz auf unsere möglicherweise einmalige Zahl von derzeit beinahe 6200 Siegen – persönlichen Siegen – sein können. Sie erinnern sich: 1971 im 70ten Jahr des Vereins 500 Siege, jetzt 6200. Auch das kennzeichnet die Ära Scheller für unseren Verein.

Dass Walter Scheller im positiven Sinne verrückt nach Rudern ist, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. Wohl ist es aber der Erwähnung wert, was er auch außerhalb des Trainingsbetriebes bewirkt hat:
Auf akademischen Sektor:
Mitarbeit am legendär-renommierten Buch „Rudertraining“ von Karl Adam zum Thema Hebelverhältnis (s. 172)

Auf technischen Gebiet:
Erfinder des Ruderschuhs (!) eine Idee die von Karl Adam sofort übernommen wurde
Mehrere Patente zum Bootsmaterial, davon zwei zur Ruderdolle. Dabei wirkte WS als Ideengeber; die technische Umsetzung erfolgte durch Wolfgang Berg.
Außerdem Berater der Bootswerft Empacher zu sinnvollen Veränderungen am Ausleger.

Dass Walter Scheller auch im Vorstand des Vereins aktiv war und ist, weiß jeder hier. Der Vollständigkeit sei aber auch hier die Statistik angefügt. 12 Jahre war er seit 2000 der erste Vorsitzende, und das waren nicht die leichtesten Jahre, geprägt durch die Unsicherheit in Bezug auf unseren Standort und unser Bootshaus. Insgesamt 26 Jahre war er und ist es jetzt auch wieder zweiter Vorsitzender.
Weiterhin wurde Herrn Scheller mit nachfolgende Auszeichnungen geehrt:

• Ehrenbrief des Landes Hessen
• Ehrenbrief der Stadt Offenbach
• Goldene Verdienstnadel des Hessischen Ruderverbandes

Lieber Walter Scheller: Der Ruderverein Hellas und der gesamte Sport in Offenbach verdankt ihnen viel. Wir danken ihnen dafür.
Und bleiben Sie noch lange als zweiter Vorsitzender der erste Mann im Verein.

Unser erster Mann im Verein!

sommerfest_1

Zu Ehren von Herrn Scheller wurde dieser Vierer auf seinen Namen getauft.